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12.09.2016 | Sabine Herde
„Bayern setzt bundesweit Maßstäbe“
Staatssekretär Sibler informiert über Neuerungen im Schuljahr 2016/2017 mit Schwerpunkt Niederbayern – Weiter große Herausforderungen für Region
„Die Bandbreite der Herausforderungen im neuen Schuljahr ist groß. Die Weiterentwicklung des Gymnasiums, die Stärkung der digitalen Bildung, die Begabtenförderung sowie die MINT-Förderung, der Ausbau des Ganztags und der Inklusion gehören dazu“, fasste Staatssekretär Bernd Sibler heute in Deggendorf die Neuerungen zum Schuljahr 2016/2017 zusammen. Neben diesen qualitativen Elementen verlange der starke Zustrom von jungen Menschen mit Fluchthintergrund seit 2015 enorme Kraftanstrengungen. In Niederbayern sei die Schulverwaltung deshalb besonders gefragt. „Bei den jungen Zuwanderern geht es um Sprach- und Wertevermittlung sowie um Integrationsangebote für diejenigen mit hoher Bleibeperspektive“, umriss der Staatssekretär. „Bayern setzt bundesweit Maßstäbe, belegt der Bildungsmonitor“, erinnerte Sibler an die im August 2016 erschienene Publikation.
München/Deggendorf - Der Haushalt des Freistaats bildet eine solide Grundlage für eine sehr gute Bildungsarbeit. Von 2005 an bis heute ist das Volumen des Bildungshaushalts von 8,0 Milliarden Euro auf insgesamt rund 11,7 Milliarden Euro angewachsen – das ist ein Plus von gut 45 Prozent. Der Rückgang der Schülerzahl ist gestoppt. In Bayern besuchen aktuell 1,7 Millionen Schülerinnen und Schüler – darunter rund 62.400 in Niederbayern – den Unterricht.


Gymnasium wird in zweiter Dialogphase weiterentwickelt

Bei der Weiterentwicklung des Gymnasiums geht es Staatssekretär Sibler um Verlässlichkeit und Planbarkeit: „Die Weiterentwicklung des Gymnasiums wollen wir aufgrund der enormen Tragweite mit größter Sorgfalt angehen. Wir werden uns die nötige Zeit nehmen. Das haben wir im Kabinett Ende Juli vereinbart.“

Folgende Eckpunkte sollen in die Weiterentwicklung einbezogen werden:
Das Gymnasium
  • verfügt über einen einheitlichen Rahmen z. B. mit Fächerkanon und LehrplanPLUS,
  • weist eine zweijährige Qualifikationsphase der Oberstufe und eine Abiturprüfung mit denselben Bedingungen und Qualitätsanforderungen auf
  • und wird einheitlich nach Jahrgangsstufe 10 die Mittlere Reife verleihen.

Basierend auf einer Grundkonzeption von acht Jahren solle, falls Staatsregierung und Regierungsfraktion dies so beschließen, die einzelne Schule über ihr Lernzeitangebot und den Zeitpunkt der Entscheidung mitbestimmen. Die Lernzeit ist in den Gesamtkontext der qualitativen Weiterentwicklung des Gymnasiums eingebunden. Die politische Verantwortung – auch für die Einzelentscheidung – wird beim Ministerium liegen.

Derzeit setzen 47 Gymnasien – darunter fünf niederbayerische – den Pilot-versuch MittelstufePLUS fort, bei dem Schülerinnen und Schüler bei pädagogischem Bedarf die auf drei Jahre angelegte Mittelstufe in vier Jahren durchlaufen können. Rund 323.500 Schülerinnen und Schüler besuchen derzeit ein Gymnasium in Bayern (in Niederbayern rund 26.200).


Qualitätsentwicklung im Schulwesen wird fortgesetzt

Bezüglich der Weiterentwicklung der Qualität im Schulwesen nannte Staats-sekretär Sibler darüber hinaus beispielhaft einzelne Felder:
  • die Stärkung der digitalen Bildung z. B. durch den Ausbau von „mebis – Landesmedienzentrum Bayern“, durch die Verankerung digitaler Bildung im LehrplanPLUS und durch die Fortschreibung der Empfehlungen für die Ausstattung der Schulen. Über „mebis“ können Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler derzeit über 14.100 digitale Bildungsmedien abrufen. Sie finden dort Beratungs- und Fortbildungsangebote und können virtuelle Klassenzimmer einrichten. Im neuen Schuljahr wird auch die Zahl der Referenzschulen für Medienbildung weiter ansteigen. „In Niederbayern nimmt außerdem ganz sicher die Realschule Schöllnach als Modellschule „Digitale Schule 2020“ eine Vorreiterrolle ein“, konstatiert Sibler.
  • die Begabtenförderung. „Bayern fördert Talente sozial gerecht und pädagogisch differenziert“, so Staatssekretär Sibler. Im Freistaat werden junge Talente an allen Schularten einbezogen. Das Instrumentarium reicht von der Flexiblen Grundschule in jedem niederbayerischen Landkreis über die M-Klassen an Mittelschulen (mit mehr als 5000 Schülerinnen und Schülern in Niederbayern), die Talent-Klassen an 21 Realschulen (z. B. Pfarrkirchen, Vilsbiburg, Bad Griesbach) bis hin zu Kompetenzzentren für Begabtenförderung an acht bayerischen Gymnasien (darunter das Comenius-Gymnasium Deggendorf).
  • die Förderung der MINT-Fächer, also von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, u. a. durch den Aufbau von MINT-Regionen, die zu einem MINT-Netzwerk zusammengefügt werden. Besondere Beachtung verdient aufgrund vieler innovativer wie bewährter Projekte der MB-Bezirk Niederbayern für die Realschulen, „der zu Recht als MINT-Kompetenzzentrum bezeichnet werden kann“, betonte Sibler.
  • das Angebot individueller Lernzeiten, etwa in den Flexiblen Grundschulen (steigende Anzahl), bei Einführungsklassen an Gymnasien sowie Vorklassen an Fachober- und Berufsoberschulen (nun an allen Fachoberschulen möglich) wie auch in der Mittelstufe Plus des Gymnasiums.

Unterrichtsangebot für junge Flüchtlinge ist große Herausforderung

„Der massive Zustrom junger Menschen mit Fluchthintergrund bedeutet eine große Herausforderung für die Schulen und die Schulaufsicht“, so Staatssekretär Sibler. In Bayern hielten sich Ende Juli 2016 rund 58.500 Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund im schul- bzw. berufsschulpflichtigen Alter auf. Das Niveau der Kenntnisse und Kompetenzen ist höchst heterogen. Bayern hat zur Bewältigung dieser Aufgabe allein für den Unterricht für das Jahr 2016 im Nachtragshaushalt einen Betrag von rund 160 Millionen Euro bereitgestellt. Die Summe dient u. a. der Finanzierung von 1.079 Planstellen und mehreren hundert Beschäftigungsmöglichkeiten für Lehrkräfte. „Mein herzlicher Dank gilt allen Lehrkräften vor allem an den Grund- und Mittelschulen sowie den Berufsschulen, aber auch an Realschulen und Gymnasien sowie den weiteren beruflichen Schulen für ihr enormes Engagement“, würdigte der Staatssekretär die Arbeit der bayerischen Lehrerinnen und Lehrer für die jungen Leute. Zu den Instrumenten, um diese zu unterrichten, gehören z.B.:
  • Übergangsklassen an Grund- und Mittelschulen. Ihre Zahl wurde von 471 im September 2015 auf 658 im Juli 2016 erhöht. Auch in Niederbayern ist ein Zuwachs zu verzeichnen: von 33 im Vorjahr auf aktuell 41.
  • weitere Sprachförderangebote etwa in Deutschförderklassen (70 in Niederbayern, im Vorjahr 23) und Deutschförderkursen an Grund- und Mittelschulen.
  • Berufsintegrationsklassen an den Berufsschulen. Bayern hat auch diese Zahl von 448 im September 2015 auf rund 650 im Juli 2016 enorm angehoben (in Niederbayern 80). Bayern kann diese Angebote zum Schuljahr 2016/2017 auf bis zu 1.200 erhöhen.
  • das berufliche Übergangsjahr als Modellprojekt gemeinsam mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit. Diese Variante des 2. Jahres der Berufsintegrationsklasse war im Schuljahr 2015/2016 erstmals an vier Standorten realisiert worden. Neben dem Unterricht an der Berufsschule erhalten die Schüler eine vertiefte Berufsorientierung und Berufsvorbereitung in Kooperation mit Bildungsträgern und Unternehmen. Dieses „berufliche Übergangsjahr“ wird nun an 20 Standorten angeboten – von Altötting bis Weiden; in Niederbayern gibt es eine Klasse an der Staat-lichen Berufsschule Pfarrkirchen.
  • das Projekt „Perspektive Beruf für junge Asylbewerber und Flüchtlinge“ des Bayerischen Bildungsministeriums und der Stiftung Bildungspakt Bayern – unterstützt durch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft – an 21 Schulen (darunter die Staatlichen Berufsschulen Kelheim und Vilshofen an der Donau). Bei diesem werden Instrumente und Konzepte zur Förderung junger Flüchtlinge an den Berufsschulen weiterentwickelt.
  • SPRINT-Klassen an 17 Realschulen zur intensiven Sprachförderung von Aschaffenburg und Augsburg bis Rosenheim und Würzburg, u. a. auch in Ergolding und Passau.
  • Ausbau des Förderunterrichts im Fach Deutsch an den Realschulen.
  • das Projekt Sprachbegleitung an Gymnasien, das auf bayernweit 56 Gymnasien ausgebaut wird.
  • Integrations-Vorklassen an 17 bayerischen Fachoberschulen (darunter Deggendorf und Kelheim).
  • Deutschangebote in Aufnahmeeinrichtungen. In Niederbayern verdient die Sprachintensivklasse für die EAE Deggendorf an der Staatlichen Berufsschule 1 Deggendorf besondere Beachtung.
  • ein Budget von 10 Millionen Euro, mit dem Schulen über ihr Unterrichtsbudget hinaus flexibel Sprach- und Alphabetisierungskurse sowie interkulturelle Projekte organisieren können.

Bayern weitet Islamischen Unterricht aus

Der Islamische Unterricht, den Bayern als Unterricht in staatlicher Verantwortung entwickelt hat und im Rahmen eines Modellversuchs anbietet, wird im Schuljahr 2016/2017 von rund 260 Schulen auf rund 400 ausgeweitet. In Niederbayern wird es das Angebot Islamischen Unterrichts in folgenden Städten bzw. Landkreisen geben: Landshut, Kelheim, Rottal-Inn, Dingolfing-Landau und Deggendorf.

Abschließend betonte Staatssekretär Bernd Sibler: „Bayern entwickelt sein sehr leistungsfähiges und durchlässiges Schulwesen auf einem qualitätsvollen Fundament zeitgemäß weiter. Die Einstellung von über 4.000 Lehrkräften ist für diesen Prozess ebenso von hoher Bedeutung wie die Einführung des LehrplanPLUS. Besonders wichtige Handlungsfelder sind die Weiterentwicklung des Gymnasiums, die Begabtenförderung, die MINT-Förderung, der Ausbau des Ganztags und die Inklusion. Darüber hinaus wendet Bayern erhebliche Mittel für Schulangebote für junge Menschen mit Fluchthintergrund auf.“